"TGM-Forschungsevent" bringt Studierenden die Vielseitigkeit der Forschung in der Abteilung näher

"Ich höre noch gut, aber Du nuschelst immer so!". „Wenn er will, kann er alles hören, z.B. bei seinen Hobbyfreunden. Aber wenn ich ihm zu Hause was sagen will, tut er so, als könne er nichts verstehen." — Eine Hörstörung ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern ein Kommunikationsproblem, zu dem immer mehrere gehören. Dies durch spezielle Trainingsmethoden zu erleichtern war das Thema des ersten von zwölf Vorträgen unseres diesjährigen Forschungsevents der Abteilung Technik und Gesundheit für Menschen.

Am 09. Juni 2017 nachmittags waren alle Studierenden der Studiengänge dazu eingeladen. In einer Folge von kurzen prägnanten Vorträgen (sieben Minuten plus drei Minuten Fragen) konnten sie erfahren, was die aktuellen Forschungsthemen bei TGM sind und vor allem auch, welche der Personen der Abteilung woran arbeiten.

Das nächste Thema war die Verbindung kognitiver und motorischer Fähigkeiten mit der Hörfähigkeit. Mit Spracherkennung und Richtungshören ging es weiter. Die Zuhörenden konnten sich danach davon überzeugen lassen, dass das oft als schwierig und theoretisch empfundene Fach Signalverarbeitung eine Grundlage und Klammer zwischen den unterschiedlichsten Forschungsprojekten bildet.

Hinter dem eher unscheinbaren Titel „Individueller Vorteil von Hörgeräten im Alltag" verbirgt sich ein Forschungsprojekt, in dem aufwändige Programmierung eines Smartphones und dessen drahtlose Verbindung mit alltagstauglichen winzigen Mikrofonen zusammenwirken. Dass neben der Funktionssicherheit und den Anforderungen an die Akkulaufzeit auch der Datenschutz durch passende Algorithmen gewährleistet werden muss, ist eine der Aufgaben, die in diesem Projekt gelöst werden.

"Kann ich hören, ob sich ein Sprecher zu mir wendet?" lautete die Forschungsfrage nach der Pause. Direkt damit verbunden: "Kann ein intelligentes Hausgerät hören, ob ich mich beim Sprechen zu ihm hinwende?". Solch ein intelligentes Gerät, ein selbstfahrendes Fahrzeug und andere Assistive Systeme sollen möglichst selbst lernen und mit unvorhersehbaren Situationen selbstständig richtig umgehen können. Sie können nämlich nicht auf ein menschliches Expertenteam wie "Mission Control Houston" zurückgreifen, wenn sie im Alltag unabhängig funktionieren sollen.

"Ist die Temperatur angenehm im Raum? Ist die Luft frisch? Ist die Lüftung angenehm oder verursacht sie eher lästige Zugluft?" Diese Fragen muss ein Assistives System in der Gebäudeautomation richtig beantworten können. Die objektiv messbaren physikalischen Größen müssen daher mit den menschlichen Empfindungen verknüpft werden, eine Aufgabe der Forschung in der Psychophysik.

Was braucht man, um eine akustische Szene naturgetreu über Kopfhörer zu erleben? Besser als traditionelle Stereoaufnahmen sind da Aufnahmen mit Mikrofonen in den Ohren eines Kunstkopfs. Aber auch hierbei passiert es, dass vorn und hinten vertauscht wird oder auf einmal alles so klingt, als würde es sich im Kopf abspielen. Ein Grund ist, dass nicht jeder Mensch so aussieht wie der Kunstkopf: Wir haben alle unterschiedliche Kopfformen und unterschiedliche Ohrmuscheln.Hier kommt der virtuelle Kunstkopf ins Spiel. Zur Aufnahme dient eine handliche Anordnung vieler kleiner Mikrofone. Mit viel Mathematik und Signalverarbeitung (!) soll damit und aus Messungen individueller Eigenschaften einer Person ein deutlich verbessertes Hörerlebnis erreicht werden.Wie wäre es z.B., wenn die Richtung im Raum, aus der der Schall in der Aufnahme zu kommen scheint, die gleiche bleibt, wenn man als Zuhörer mit dem Kopfhörer den Kopf dreht?

Frühzeitige Erkennung von Hörstörungen beginnt bei Neugeborenen. Da sie keinen Fragebogen ausfüllen können, muss man objektive Messverfahren nutzen, die die speziellen mechanischen Eigenschaften des Ohres beim Neugeborenen berücksichtigen können. Im letzten Vortrag ging es um die Frage, wie man den Schalldruck am Trommelfell ermitteln kann, ohne ein Mikrofon dort anbringen zu müssen. Lebhafte Diskussionen bei Süßigkeiten und Getränken beendeten das Treffen. Für die Studierenden war der Nachmittag nach eigenen Aussagen motivierend und eine sehr effiziente Gelegenheit, einen Eindruck von den doch sehr unterschiedlichen Forschungsthemen der Abteilung zu gewinnen.

Das Programm des Forschungsevents

14:00-14:10 Begrüßung. Prof. Dr. Inga Holube

14:10-14:20 Kommunikationstraining bei Hörstörung (Projekt ACE in HALLO). Sybille Seybold und Miriam Kropp

14:20-14:30 Audiologie, Kognition, Motorik u.a. (Projekte AKOSIA/KOMUS). Theresa Nüsse

14:30-14:40 Sprachtestverfahren für Hörgeräteanpassungen (Projekt VANPASALL). Alexandra Winkler

14:40-14:50 Richtungshören (Projekt ERKI/binEARi). Katharina Schmidt

14:50-15:00 Hat Signalverarbeitung etwas mit Forschung zu tun? Eine Übersicht der Forschungsthemen mit Signalverarbeitungsschwerpunkten an der Jade Hochschule und dem Kooperationspartner Fraunhofer IDMT. Prof. Dr. Jörg Bitzer

15:00-15:10 Individueller Vorteil von Hörgeräten im Alltag (Projekt IHAB-RL). Ulrik Kowalk

15:10-15:25 Pause

15:25-15:35 Bedeutung der Kopfausrichtung in Alltagssituationen. Christina Imbery und Menno Müller

15:35-15:45 Was hat Missionsplanung mit sozialen Robotern zu tun? Jan Vox

15:45-15:55 Psychophysik und Gebäudeautomation. Jannik Fleßner

15:55-16:05 Virtueller Kunstopf (Projekt IRDiSch). Mina Fallahi

16:05-16:15 Mittelohr-Screening bei Neugeborenen und Kleinkindern. Tobias Sankowsky-Rothe

16:15-16:25 Modellbasierte Vorhersage von Schalldruck am Trommelfell (DFG-Forschergruppe Individualisierte Hörakustik). Steffen Vogl