Karin Kuhlmann, Marie Schnieders und Rebecca Schulte | Städtebau | 1,2,3,... Plätze - am Pferdemarkt

Lageplan
  • Lageplan
    Lageplan
  • Axonometrie Nutzung
    Axonometrie Nutzung
  • Perspektive Marktplatz
    Perspektive Marktplatz
  • Perspektive Shared Space
    Perspektive Shared Space
  • Grundriss und Schnitt Kreisabsenkung
    Grundriss und Schnitt Kreisabsenkung
  • Grundriss und Schnitt Fahrradschnellspur
    Grundriss und Schnitt Fahrradschnellspur
  • Nutzungsaxonometrie Shared Space
    Nutzungsaxonometrie Shared Space
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Der Platz am Pferdemarkt ist seit über 100 Jahren ein bedeutender Ort der Stadt Oldenburg. Historisch fand dort bis 1970 der Pferde- und Viehhandel statt. Heute wird dort dreimal wöchentlich der Wochenmarkt auf der verbliebenen Freifläche veranstaltet. Zwischen Bahntrasse und Ziegelhofviertel, Standesamt und Verkehrskreisel gelegen, stellt der Platz einen zentralen Ort Oldenburgs dar. Das Pferdemarktareal ist von historisch geprägten Gebäuden umgeben, in denen auch heute noch größtenteils repräsentative Funktionen untergebracht sind. Am nördlichen Rand befinden sich drei Kasernenbauten, in der ein Teil der Stadtverwaltung sitzt. Am westlichen Rand liegt das Standesamt. Nördlich auf der anderen Straßenseite liegen zudem die Landesbibliothek und die Infanteriekaserne, die heute als Studentenwohnheim genutzt wird. Im Johannisviertel am nördlichen Rand des Stadtkerns liegend, laufen radial an einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Oldenburgs die Hauptverkehrswege Heiligengeiststraße und Donnerschweer Straße im größten zweispurigen Kreisel der Stadt zusammen.

Im Vorgriff auf anstehende Planungen der Stadt Oldenburg sollen die Flächen freiraumplanerisch und städtebaulich neu geordnet und entwickelt werden. Dabei sollen zukünftige Themen wie die Verkehrswende und die Revitalisierung des Freiraums durchdacht und Lösungsansätze vorgeschlagen werden. Wie sieht die zukünftige Stadt aus? Was und für wen soll dieser zentrale Platz sein? Wem gehört die Stadt – den Autos oder den Menschen? Welche Arten von Mobilität soll es geben? Welches Miteinander von Verkehrsteilnehmer ist denkbar?

Der Zustand öffentlicher Räume ist für die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Stadtbewohner essenziell. Heutige Straßen räumen dem Individualverkehr Vorrang ein, sodass eine maximale Fließfähigkeit und eine hohe Kapazität ermöglicht werden. Es fehlt eine verträgliche Mobilitäts- und Verkehrsgestaltung gegenüber dem Nutzen des Freiraumes. Somit muss sich die Stadt von Morgen zukünftig wandeln, um ein nachhaltiges funktionierendes System für seine Bewohner bieten zu können. Die Freiräume der Stadt müssen neu definiert werden. Sie müssen Aufenthaltsqualitäten bieten und ein Ort der Kommunikation und des Verweilens werden. Ziel muss es sein, attraktive, nutzerorientierte öffentliche Räume mit hohem baukulturellem Niveau zu schaffen. Hierfür muss der motorisierte Individualverkehr eingedämmt und der Straßenraum für Fußgänger neu gewonnen und mit Leben gefüllt werden. Die Stadt muss ein Ort werden, an dem die meisten Straßen nicht für Autos sind, und die meisten Menschen keines haben.

Der Pferdemarkt soll zukünftig als Eingang bzw. Tor zur Innenstadt fungieren und den Norden Oldenburgs an den Stadtkern anschließen. Dies wird durch eine Nord- Süd- Ausrichtung des Areals erreicht. In unseren Entwurfsansatz gehen wir von einer Verkehrsminimierung aus, da wir dieses für eine nachhaltige Stadt als unumgänglich sehen. Durch eine Reduzierung des Straßenverkehrs und der Pkw- Stellflächen, sowie eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h im gesamten Areal wird das Auto als Fortbewegungsmittel entmachtet. Mit gezielten Maßnahmen sollen vor allem der öffentliche Nahverkehr sowie die Fahrradfahrer gestärkt werden, sodass Autofahrer vermehrt auf nachhaltige Fortbewegungsmittel umsteigen. Durch den Ausbau einer geradlinigen Fahrradschnellspur wird die Verbindung aus den Norden der Stadt in die Innenstadt erleichtert. Die Fahrradspur ist durch einen Grünstreifen auf beiden Seiten, sowohl zur Fahrbahn als auch zum Fußgängerweg, getrennt. Fahrradstellplätze und halbhohe Sträucher schaffen hier eine sichere Atmosphäre und es ist ständig möglich, das Fahrrad abzustellen und den Pferdemarkt zu erkunden. Der Fahrradweg mündet im Süden in der Heiligengeiststraße und grenzt im Norden an die Planungen des Sanierungsgebietes „Untere Nadorster Straße“ an.  Mit vielen Fahrradstellplätzen an den Schwellenbereichen des Areals und entlang der Fahrradverbindung wird der Umstieg zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder den Weg zu Fuß in die Innenstadt erleichtert. Die Nord- Süd- Ausrichtung wird durch eine begleitende Baumallee von Linden verstärkt. Die Priorisierung der Fußgänger wird durch die Ebenerdigkeit auf dem gesamten Pferdemarktareal deutlich. Es ermöglicht allen Alters- und Nutzergruppen stufenlose Übergänge und eine vereinfachte Fortbewegung. Zudem sorgen breite Gehwege für einen fußgängerfreundlichen Straßenraum, der genügend Platz für die Kommunikation bietet. Der Fußweg wird von erhöhten Grünflächen zum Verweilen und Pflasterbereichen begleitet.

Um den Pferdemarkt stärker an die Innenstadt zu integrieren, wird die Petersstraße in ein Shared Space umgewandelt. Beim zukunftsweisenden Konzept des Shared Space werden alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt und die Straße wird wieder dem Menschen zugänglich gemacht. Die Verlegung des Bodenbelags in länglichen Streifen betont die Nord- Süd- Verbindung. Die verschiedenen Farben der Pflasterung lassen den Autoverkehr ausbremsen und sorgen für eine verbesserte Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Das Shared Space am Pferdemarkt ist in 4 Zonen unterteilt: die Ankunftszone im Westen mit mehreren Sitzmöglichkeiten, wie Hängematten oder Hollywoodschaukeln, und Stellplätzen für Autos und Fahrräder, die Sport-Zone mit einem Basketballfeld, Tischtennisplatten und Trampolinen, die Kunst-Zone mit Glaskuben, in denen lokale Künstler aus dem neuen angrenzenden Finanzareal ihre Kunstwerke ausstellen können und der Switch Point. Der Switch Point ermöglicht, aufgrund seiner zentralen Lage, ein reibungsloses Wechseln zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln. Während hier Stellplätze mit Lademöglichkeiten für E-Bikes oder Bereiche für die Selbstreparatur von Fahrrädern entstehen, wird zusätzlich eine neue Bahnhaltestelle integriert. In unmittelbarer Nähe liegen zudem die Fahrradschnellverbindung, sowie die Bushaltestellen. Die neuen Bushaltestellen nehmen durch ihre Formen Bezüge zum Shared Space und zum Kreisplatz auf. Durch ihre architektonische Qualität sollen sie identitätsstiftend für den Ort sein und die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs stärken. Durch ein integriertes Lichtsystem wird zusätzlich die Ausrichtung zur Innenstadt verstärkt und auch im Dunkeln erlebbar.

Das Pferdemarktgebiet erhält drei urbane Plätze: den Marktplatz, den Kreisplatz sowie den Kulturplatz. Diese Plätze weisen unterschiedliche Atmosphären auf und ermöglichen eine große Variabilität und Vielseitigkeit. Um die Identität der einzelnen Orte zu stärken, werden sie durch geometrische Formen klar gefasst.

Der Marktplatz wird umorganisiert und erhält eine Orientierung von Norden nach Süden. Hierbei rückt der rechteckige Marktplatz weiter in die Richtung des Standesamtes, um mit diesem und der Stadtverwaltung zu interagieren, ihnen aber trotzdem einen eigenen Vorplatz zu bieten. Um die Fläche zu zonieren und attraktiver zu gestalten, wird diese durch Baumalleen aus Linden gestärkt. Aufgrund dieser Grünflächen entsteht eine naturverbundene Atmosphäre während des Marktgeschehens und bietet zusätzlich Schattenplätze. Durch die Ausrichtung des Marktplatzes wird das Konzept der Nord-Süd-Ausrichtung nochmals betont. Zudem entsteht eine stärkere Interaktion zwischen dem Pferdemarkt und der Fußgängerzone. Um den Verkehrslärm abzuschotten wird eine Zwischenzone, zwischen der Straße und dem Markplatz, geschaffen. Diese Zone besteht aus der Fahrradspur und einer Parkplatzfläche. Um sie besser in das Gesamtbild zu integrieren, setzt sich hier die Bepflanzung von Linden vor. Wenn bei zukünftigen rückläufigen KfZ- Zahlen für diesen Bereich der Bedarf sinkt, kann er ohne großen Aufwand dem Markt zugeschlagen oder als kleiner Park ausgebildet werden.

Der östliche Platz vor der Landesbibliothek und dem Studentenwohnheim ist geprägt durch die bestehende Grüninsel. Ausgehend von dieser Insel erhält der Platz kreisrunde Formen als Leitmotive. Diese sind als Grünflächen sowie als Sitzmobiliar ausgebildet. Durch die Neugestaltung des Platzes erhält die Landesbibliothek einen repräsentativen Vorplatz, der die Relevanz und Symbolhaftigkeit der Bibliothek betont.  Durch den weiterstgehenden Erhalt des Baumbestandes entstehen Grünflächen, die zum Verweilen einladen. Der Platz fungiert als Treffpunkt, Kommunikationsort sowie ruhiger Rückzugsort. Eine kreisrunde Vertiefung auf dem Platz schafft zusätzliche Sitzmöglichkeiten. Dieses Element ist jedoch vielseitig einsetzbar. Es dient nicht nur als Treffpunkt, sondern kann auch für Veranstaltungen, wie Vorträge oder ein OpenAir-Konzerte, genutzt werden. Bei Starkregen wird es als Ausgleichsfläche genutzt und dient als Regenrückhaltebecken.

Der Kulturplatz liegt zwischen der Exerzierhalle und der Bauwerkshalle. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu diesen Kulturgebäuden und seiner gefassten Randlage eignet sich eine Nutzung für Veranstaltungen jeglicher Art. Um den Platz in Richtung Marktplatz zu fassen, wird ein Café mit außenliegender Terrasse geplant. Dieses ist von beiden Seiten zugänglich, um Transparenz und Blickbezüge zu gewährleisten. Somit ist eine Wechselbeziehung zwischen den beiden Plätzen jederzeit möglich. Während auf der östlichen Seite des Cafés eine überdachte Vorzone geschaffen wird, wird westlich des Cafés eine hochgesetzte Terrasse angebracht. Die Thematik der Wandelbarkeit und Nutzungsvielfalt ist auf dem Kulturplatz sehr wichtig, um verschiedene Veranstaltungen ausführen zu können. Deshalb ist in westlichen Bereich eine Freifläche vorgesehen. Zusätzlich wird eine temporäre Bühne geplant. Diese Bühne knüpft im Westen der Bauwerkshalle an und fasst den Platz in Richtung des Ziegelhofviertels. Im östlichen Bereich laden großzügige Sitzelemente zum Verweilen und zum Picknicken ein. Die Elemente bilden eine Zwischenzone zwischen der Terrasse und dem freien Veranstaltungsbereich.