Dauerhaftigkeitsprognose von Neuverfugungen bei historischem Mauerwerk unter Berücksichtigung streuender Materialeigenschaften

Projektleitung:Prof. Dr.-Ing. H. Wigger
Promovendin:Carolin Westermann M.Eng.

Förderung durch das Promotionsprogramm Jade2Pro der Jade Hochschule

Projektlaufzeit:07.2015 - 06.2018
Kooperationspartner:Universität Stuttgart, Technische Universität Braunschweig, Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Die Funktionalität und besonders die damit verbundene Dauerhaftigkeit von Fugensanierungen ist ein immer wiederkehrendes Thema in der Bauwerkserhaltung. Mangelnde Kenntnisse der Materialien Stein und historischer Mörtel in physikalischer und mechanischer Hinsicht führen zum Teil zu Fugensanierungen, die eine Dauerhaftigkeit von nur wenigen Jahren aufweisen.

In erster Linie stellt die Verfugung den Witterungsschutz einer Fassade dar. Voraussetzung dafür ist jedoch ein rissfreier Mörtel und besonders ein intakter Verbund zwischen Fuge und Stein. Witterungsbedingte Beanspruchungen sind jedoch hauptsächlich Ursache vielfältiger Schäden. Durch Feuchte- und Temperaturänderungen erfahren die Baustoffe permanente Beanspruchungen durch Aufheizung und Abkühlung sowie Be- und Entfeuchtung im Tages- und Jahresablauf. Entstehen Risse im Mörtel und/oder Verbund, so dringt verstärkt Feuchtigkeit ins Mauerwerk, wodurch eine Gefügeänderung und -zerstörung hervorgerufen wird. Zur Umsetzung einer erfolgreichen Fugensanierung ist daher die vorherige optimale Abstimmung des zu verwendenden Mörtels auf das vorhandene Steinmaterial und den Bestandsmörtel unter Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen notwendig.


Bisher durchgeführte Forschungsprojekte wurden zunächst zur Klärung von grundsätzlichen dauerhaftigkeitseinschränkenden Mechanismen initiiert. Aufbauend wurde durch empirische Berechnungsansätze eine Beurteilung der Eignung von Fugenmörtel ermöglicht. Weitere Methoden zur Ermittlung der Dauerhaftigkeit bilden lineare Spannungsberechnungen am Verbundsystem und nummerische Verfahren.


In diesen Prognosemodellen werden die Unsicherheiten von materialspezifischen und geometrischen Parametern nur untergeordnet berücksichtigt. Dabei können Messabweichungen der Einzelparameter durch die Fehlerfortpflanzung einen bedeutenden Einfluss auf die Prognose haben. Eine angestrebte Weiterentwicklung der Dauerhaftigkeitsprognose bildet das aktuelle Forschungsvorhaben durch das Einbeziehen von bisher nicht berücksichtigten Streubreiten der Materialeigenschaften.


Anfangs werden mehrfache Simulationsvarianten mit verschiedenen Beanspruchungen durch Witterungskombinationen, wie Temperatur-, Feuchte-, und Frost-Tau-Wechsel, durchgeführt. Durch die Änderung der Materialeigenschaften heben sich die Materialparameter hervor, die bei bereits geringer Änderung einen großen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit des Gesamtsystems haben. Anhand dieser Sensitivitätsanalyse stellen sich die auf die Dauerhaftigkeit einflussreichsten Materialparameter dar. In Vorversuchen werden diese relevanten Materialeigenschaften verschiedener Materialien (Stein & Mörtel) untersucht.


Weiterführende Versuche bilden einen Ausschnitt eines Gesamtsystems nach. Dazu werden die zuvor untersuchten Materialien verwendet und bei unterschiedlichen Randbedingungen über einen definierten Zeitraum messtechnisch erfasst (Monitoring). Neben Versuchen im Labor werden auch Versuche unter freier Bewitterung durchgeführt.


Parallel zur Durchführung der Versuchsreihen wird die Beanspruchungssituation der Versuchskörper rechnergestützt simuliert. In diesen Simulationen werden die Streuungen der Einwirkungs- und die Widerstandsgrößen des Bemessungsnachweises berücksichtig. Durch statistische Überlegungen kann bei bekannten bzw. angenommenen Verteilungen für die Basisvariablen die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, mit der die Einwirkung den Widerstand überschreitet. Basierend auf dieser Grundlage wird mit dem Softwarepaket SARA verfahren. Hierbei wird eine Zuverlässigkeitsanalyse, auf der Basis von Stichproben ermittelt. Die Zufälligkeit der Eingabevariablen spiegelt Unsicherheiten und die Zufälligkeit der Eingangswerte in Bezug auf die Materialeigenschaften wieder. Hierbei stehen integrierte Datenbanken der stochastischen Parameter für verschiedene Struktur- und Materialeigenschaften als Unterstützung zur Verfügung. Zusammenhänge zwischen den zufälligen Eingangsvariablen können in Form einer Matrix einge-bracht werden.


Die Simulationsergebnisse werden letztlich den Versuchsergebnissen gegenübergestellt und anhand dessen das Prognosemodell fortlaufend validiert.


Das zu entwickelnde Prognosemodell soll zukünftig die Möglichkeit schaffen, projektspezifische Schwachstellen bezüglich der Dauerhaftigkeit aufzuzeigen und im Zuge dessen die Materialparameter hervorbringen, auf die aufgrund ihrer Sensibilität bei der Sanierung der Fokus zu legen ist. Mittels des optimierten Modells zur Dauerhaftigkeitsprognose kann ein an das jeweilige Bauwerk angepasstes Sanierungskonzept mit hoher Dauerhaftigkeit entwickelt werden.

 

 

Bild 1: Schematische Darstellung des Dauerhaftigkeitsverlustes nach einer Fugensanierung in Abhängigkeit unterschiedlicher Materialstreubreiten

 

 Bild 2: Ausräumen von Bestandsfugen

 

 Bild 3: Verwitterung des Bestandsmörtels

 

 

 

Bild 4: Prüfung des Elastizitätsmoduls eines Mörtels