Quantum Supported Maritime Just-In-Time-Navigation (QSMN)

Quantencomputer können im Prinzip hochgradig parallel rechnen und sind damit grundsätzlich besonders geeignet, umfangreiche Optimierungsaufgaben z. B. für komplexe Logistikprozesse effizient zu lösen. Die grundlegende Idee zum Quantencomputer und die Entwicklung erster Quantenalgorithmen fällt in die Achtziger- und Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts. Für lange Zeit existierten Quantencomputer nur als Einzelstücke in wissenschaftlichen Laboren, an eine kommerzielle Anwendung war nicht zu denken. Mit dem technischen Fortschritt der letzten Jahre sind solche Systeme jedoch allgemein zugänglich geworden, sie werden schon jetzt in Form von Hardware oder als Cloud Service vermarktet. Einher geht mit diesem technischen Fortschritt eine kontinuierliche Steigerung der Rechenkapazität, die schon in naher Zukunft die Lösung umfangreicher Aufgaben ermöglichen wird.

Die effiziente Programmierung von Quantenrechnern erfordert spezielle, an die Besonderheiten der Quanteninformatik angepasste Werkzeuge. Im Projekt „Quantum Supported Maritime Just-In-Time Navigation“ (QSMN) werden solche Werkzeuge entwickelt und in Zusammenarbeit mit Industriepartnern an wirtschaftlich sinnvollen Aufgaben erprobt. Im Laufe des Projektes werden dabei immer komplexere, die steigenden Fähigkeiten der Quantenhardware ausnutzende Anwendungsaufgaben gelöst.

Just-in-Time Navigation

Als eine ökonomisch und ökologisch interessante Aufgabe für QSMN wurde die Optimierung des Treibstoffverbrauchs von Binnen- und Seeschiffen ausgewählt. Eine solche Optimierung senkt nicht nur die Kosten, sondern reduziert gleichzeitig die Emission von Treibhausgasen. Dies gilt insbesondere für den Seeverkehr, der pro Tonne Ladung und Strecke zwar deutlich weniger CO2 als andere Transportmittel ausstößt, bei dem sich aber Treibstoffeinsparungen aufgrund der sehr großen Transportmengen spürbar auf die globalen Emissionen auswirken können. Vor diesem Hintergrund hat die International Maritime Organization (IMO) als Normengeber für die Schifffahrt strenge Ziele zur Verminderung der maritimen Treibhausgasemissionen in zwei Schritten bis 2030 und 2050 formuliert.

In dem Just In Time Arrival Guide der IMO werden verschiedene Maßnahmen zur Optimierung des Schiffs- und Hafenbetriebs untersucht. Ein Ergebnis der Untersuchung ist, dass Schiffe häufig schneller fahren. als es für eine pünktliche Ankunft notwendig ist. Sie warten dann bis zu 9% der Gesamtreisezeit auf ihre Abfertigung. Mit einer Just-in-Time-Arrival Strategie könnten bis zu 18% des Treibstoffs eingespart werden. Darüber hinaus können Kosten und Emissionen weiter reduziert werden, indem entlang der Route förderliche Umweltbedingungen wie Wind, Seegang und Strömung genutzt und widrige Bedingungen vermieden werden.

Hieraus ergibt sich die Anwendungsaufgabe für QSMN: für eine gegebene Route wird ein Geschwindigkeitsprofil bestimmt, mit dem das Reiseziel bei minimalem Treibstoffeinsatz genau zur Requested Time of Arrival (RTA) erreicht wird.

Vorgehen

In die im vorhergehenden Abschnitt eingeführten optimalen Geschwindigkeitsprofile gehen viele Randbedingungen ein. Oben wurden bereits Wind, Seegang und Strömung genannt, für die entsprechende Vorhersagen genutzt werden können. Auch andere Restriktionen wie Schleusenzeiten und Verkehrsverhältnisse können berücksichtigt werden.

Um den zu entwickelnden Quantenalgorithmus überprüfen zu können, wird zusätzlich ein klassisches Optimierungsverfahren auf einem herkömmlichen Computer implementiert. Das auf der stochastischen Bellmann-Gleichung beruhende klassische Verfahren kann das global optimale Geschwindigkeitsprofil für ein einzelnes Schiff bestimmen. Auch dieses Verfahren weist innovative Züge auf, es wird deshalb in Zusammenarbeit mit Industriepartnern erprobt und dann schnell zur Marktreife gebracht.

Parallel dazu wird ein Quantenalgorithmus zur Bestimmung des optimalen Geschwindigkeitsprofils entwickelt, dieser wird auf der zum jeweiligen Zeitpunkt verfügbaren Quantenhardware getestet und mit Hilfe des klassischen Verfahrens überprüft. Mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit der Quantenrechner werden dabei immer komplexere Problemstellungen gelöst, die schließlich die Fähigkeiten eines klassischen Computers überschreiten werden. Sinnvoll kann es zum Beispiel sein, die Warteschlange am Zielort permanent zu beobachten um zu erwartende Änderungen der RTA zu antizipieren und das Geschwindigkeitsprofil entsprechend anzupassen.

Nachrichten

Förderung

Dieses Projekt (HA-Projekt-Nr.: 1362/22-67) wird im Rahmen der Innovationsförderung Hessen aus Mitteln der LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, Förderlinie 3: KMU-Verbundvorhaben gefördert.

Projektteam

Prof. Dr. Christian Denker (Projektleitung)

Bernhard Schwarz-Röhr

Kapt. Prof. Dr. Christoph Wand

Projektvolumen gesamt 349 285.89 €, für die Jade Hochschule 133 157,90 €
Fördermittelgeber Innovationsförderung Hessen
Projektlaufzeit 01/07/2022 – 30/06/2024
Kooperationspartner
  • Frankfurt Consulting Engineers GmbH
  • Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
  • Imrecke Consulting GmbH