Der Schiffsführungssimulator

Im Rahmen des 30. Seeschiffahrtstages im Mai 2001 in Elsfleth wurde der neu errichtete Schiffsführungssimulator des Fachbereichs Seefahrt und Logistik in Betrieb genommen. Das Großgerät wurde von der Firma Kongsberg Maritime Systems, dem weltweit führenden Hersteller von Simulationsanlagen, als Ersatz für den bisherigen Radarsimulator gebaut.

Ausstattung

Die zentralen Einrichtungen des Gerätes sind fünf komplett ausgestattete Schiffsbrücken, die alle mit umfangreichen Sichtsystemen, je zwei ARPA-Radargeräten sowie einer elektronischen Seekarte ausgerüstet sind.

Geleitet werden die Übungen von ein oder zwei Trainern im Instruktorraum. Von hier lassen sich sowohl alle Schiffe in dem jeweiligen Verkehrsszenario überwachen und steuern als auch sämtliche Aufgaben der Kommunikation (Funk-, E-Mail- und Telexverkehr) abwickeln.

Die Übungen werden aufgezeichnet und können in der anschließenden Manöverkritik im „Debriefing Room“ diskutiert, dort im „replay“ vorgeführt oder bei Bedarf an einer beliebigen Stelle neu gestartet werden. 

Daneben befinden sich in den Räumen des Simulators zwei DV-Arbeitsplätze zur Modellierung von Revieren oder Schiffstypen und ein DV-Arbeitsplatz zum Entwurf neuer Übungen oder zur Einarbeitung neuer Trainer; diese Arbeitsplätze stehen auch den Studierenden im Rahmen von Wahlpflichtveranstaltungen oder für Bachelorarbeiten zur Verfügung. 

Ausbildung

Die Simulationsanlage ist in erster Linie zur Ausbildung des nautischen Nachwuchses angeschafft und für diesen Zweck konzipiert worden. Sie steht den Studierenden des Fachbereichs und der Berufsschule Wesermarsch zur Verfügung. Die praxisnahe Ausbildung am Fachbereich in Elsfleth, die bereits bisher im Vergleich mit anderen nautischen Ausbildungsstätten den größten Anteil an Simulatorausbildung im Studium aufweisen konnte, wird davon weiter profitieren und die Studierenden damit noch besser auf die Aufgaben im Beruf vorbereiten.

Die Simulatorausbildung am Fachbereich Seefahrt und Logistik in Elsfleth umfasst insgesamt für jeden Studenten ca. 150 Stunden; die Studienordnung sieht bei der Studienplanung folgende Aufteilung vor:

5. Semester: Wachdienst / Technische Navigation (8 SWS) 
Zu Beginn der Ausbildung am Simulator werden die Studierenden in den Übungen zur Gerätekunde mit der Bedienung aller an Bord der Schiffe vorhandenen Geräte vertraut gemacht. Dazu gehören z. B.

  • Radar / ARPA-Geräte
  • Elektronische Seekarte
  • GMDSS-Anlage (Funkanlage)
  • GPS-, LORAN- und übrige Navigationsgeräte

7. Semester: Manövrierübungen (4 SWS)
Hier werden die Studenten in Manövrierübungen und einfachen Übungen zum Seeverkehrsrecht und zur Navigation auf Teilaufgaben der Schiffsführung vorbereitet. Ausbildungsziele sind das Kennenlernen des Manövrierverhaltens verschiedener Schiffstypen und die Anwendung dieser Kenntnisse bei Fahrten in engen Gewässern (hydrodynamische Effekte und ihre Ausnutzung), bei Standardmanövern (z. B. Hafenmanöver, Lotsenübernahme, Ankermanöver, Hafeneinfahrten, Festmachen) und bei Manövern zur Vermeidung von Kollisionen. Ein weiteres Ziel dieses Kurses ist, den Nutzen und den Gebrauch von Landmarken (z. B. bei der Fahrt nach Richtlinien und Sektorenfeuer) zu vermitteln.

8. Semester: Komplexe Übungen (6 SWS) 
Im letzten Semester üben die Studierenden in einer ersten Einheit die sichere Schiffsführung unter den Bedingungen einer normalen Seewache. Im zweiten Teil des Kurses werden die Übungsteilnehmer mit außergewöhnlichen Situationen auf See und auf Wasserstraßen konfrontiert; dazu gehören das Einüben richtigen Verhaltens bei Eintritt unvorhergesehener Ereignisse (z. B. Geräteausfall im engen Revier oder unabsehbares Verhalten anderer Fahrzeuge) als auch von Notfallprozeduren bei Unfällen des eigenen Schiffes (z. B. bei Kollisionen) sowie bei Unfällen anderer Schiffe (Such- und Rettungsmanöver).

Bachelorarbeiten

Weiter bietet der Simulator zahlreiche Möglichkeiten für Bachelorarbeiten in den Bereichen Manövriertechnik und Unfallanalyse oder bei der Erstellung neuer Datenbanken für Übungsszenarien.

Forschung

Neben vielseitigen Möglichkeiten in der Ausbildung umfasst der Einsatz der modernen Anlage auch die Nutzung zu Forschungszwecken. Derzeit läuft am vorhandenen Gerät eine Untersuchung der Fachbereiche Psychologie und Informatik der Uni Oldenburg, die sich u. a. mit Bewertungskriterien für die Ausbildung an Simulatoren befaßt. An dieser Untersuchung beteiligt sich die FH im Hinblick auf die nach STCW geforderte Bewertung der studentischen Leistungen.

Weiter wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen Lotsenbrüderschaften ein Ausbildungs-/ Fortbildungsprogramm für Lotsen zu entwickeln sein; ein Interesse der Lotsen daran kündigt sich seit der Herabsetzung der erforderlichen Fahrtzeiten an.
Mit den Lotsen und in Zusammenarbeit mit den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen können geplante Veränderungen z. B. der Fahrwasser und Fahrwasserbezeichnungen von Elbe, Weser, Jade und Ems vor der Ausführung am Simulator auf ihren Nutzen für die Sicherheit des Verkehrs getestet werden. Dies ist nur am Simulator in Elsfleth ohne zusätzliche Kosten möglich, da die bundesdeutschen Reviere der Nordseeküste vollständig als realistisch abgebildete Datenbanken für Übungen in den Geräten hinterlegt sind.

Weiterbildung

In der vorlesungsfreien Zeit werden regelmäßig Weiterbildungsveranstaltungen (z. B. Kurse zu ARPA, ECDIS, Bridge Team Management, Ship Handling, ...) für befahrenes Personal aus der Seeschiffahrt angeboten.