Projektbericht: Elektroenzephalogramm

Das Verstehen von Sprache ist für die Aufrechterhaltung sozialer Interaktionen im Alltag aller Menschen sehr wichtig. Durch verschiedene Einflüsse, wie bspw. Störgeräusche oder aufgrund eines Hörverlustes, kann die Sprachverständlichkeit jedoch stark eingeschränkt werden. Eine möglichst frühe Diagnostik von Hörschädigungen, die einem Verlust sozialer Interaktion vorbeugt, ist somit von hoher Wichtigkeit. Für viele Schwerhörige entsteht jedoch, trotz Versorgung des Defizits mittels eines Hörgerätes oder eines Cochlea-Implantates, eine erhöhte Anstrengung beim Verfolgen und Nachvollziehen von Unterhaltungen. Dies ist auf einen erhöhten kognitiven Aufwand für das Verstehen von Sprache in anspruchsvollen Hörsituationen zurückzuführen. Dieser kognitive Mehraufwand, auch Höranstrengung (engl. listening effort) genannt, wird individuell sehr unterschiedlich bewertet und hängt unter anderem vom Alter, von Lebensstilfaktoren und sozio-emotionalem Engagement ab.

Ebenso, wie das Gehör, sind also auch kognitive Funktionen von einem altersassoziierten Abbau betroffen, was die Problematik des Sprachverstehens in akustisch schwierigen Hörsituationen insbesondere für ältere Personen deutlich macht.

Eine objektive Diagnostik von Hörschädigungen ermöglicht die sogenannte Evoked Response Audiometry (ERA). Durch sie werden sog. auditorisch evozierte Potentiale (AEP) im Elektroenzephalogramm (EEG) gemessen, die durch ein Schallereignis hervorgerufen werden. Eine erweiterte Form der ERA-Messung ist die sog. CERA (Cortical ERA). Diese ermöglicht die Messung später auditorisch evozierter Potentiale (SAEP) und sog. Event Related Potentials (ERP) und wird zur Überprüfung des neuronalen Hörvermögens bzw. der neuronalen Verarbeitung eingesetzt.

Zudem werden sog. Alpha-Wellen im EEG in Zusammenhang mit kognitiven Gedächtnisleistungen gebracht und als ein Zeichen für einen entspannten Wachzustand interpretiert. Da neue Untersuchungen zeigen, dass Alpha-Wellen auch vor allem bei kognitiver Anstrengung messbar sind, kann eine Analyse der EEG-Daten in Bezug auf Alpha-Wellen somit eine Aussage über die individuelle Höranstrengung ermöglichen. Neben stationären Messsystemen können die EEG-Datensätze durch mobile EEG-Systeme gewonnen werden. Da diese Methode jedoch nicht alltagstauglich ist, wurde das sogenannte cEEGrid entwickelt, welches C-förmig hinter dem Ohr angelegt wird. Seit wenigen Jahren bildet das cEEGrid als Elektrodenträger für mobile Systeme somit eine unauffälligere und komfortablere Alternative zur stationären Elektrodenhaube.

In diesem Projekt wurden Standardmessungen einer CERA bei zwei Probanden durchgeführt, um SAEPs, ERPs und Alpha-Wellen mittels des cEEGrids zu erfassen. Die EEG-Daten wurden in einfachen Hörsituationen und mit offenen und geschlossenen Augen ermittelt, um die Indikation von Höranstrengung zu untersuchen.

Um den Ablauf künftiger Messungen mittels mobiler EEG-Systeme einfacher zu gestalten, wurde ein methodisches Vorgehen erarbeitet, welches bei der Erfassung und Analyse von EEG-Ableitungen mittels mobiler Systeme (cEEGrid) angewandt werden kann. Zur Überprüfung, ob Alpha-Wellen mittels mobiler EEG-Messungen nachgewiesen werden können, wurden die ermittelten EEG-Daten hinsichtlich dieser untersucht.

Ergänzend zu bestehenden Überlegungen wurde zudem ein methodisches Vorgehen zur Messung von Höranstrengung mittels des cEEGrids und der Analyse von Alpha-Wellen erarbeitet. Es zeigte sich, dass mittels des mobilen EEG-Messsystems cEEGrid Standard-EEG-Messungen erwartungsgetreue Messergebnisse lieferten. Der Tragekomfort des cEEGrids sollte allerdings im Hinblick auf die Alltagstauglichkeit verbessert werden. Zudem konnte ein Anstieg von Alpha-Wellen in einem entspannten Wachzustand (Augen geschlossen) nachgewiesen werden.

In weiteren Untersuchungen sollte der Anstieg von Alpha-Wellen im EEG bei erhöhter kognitiver Leistung untersucht werden, um die individuelle Höranstrengung von Probanden zu erfassen. Wird Höranstrengung als Aufwand definiert, der für das Folgen mehrerer Sätze in Rauschen nötig ist, so ließen sich zukünftige Messung mittels des Oldenburger-Satztests (OLSA) im Störgeräusch durchführen.

Anmerkung: Durch die Corona-Pandemie mussten zusätzliche Hygienemaßnahmen während der gesamten Dauer des Projektes eingehalten werden. Aufgrund dessen trägt der Proband in der Abbildung eine FFP-Atemschutzmaske und ein Schutzvisir. Diese gehören nicht zur üblichen Ausstattung bei Messungen mit dem vorgestellten mobilen EEG-System.